Tylenturm
Der Tylenturm an der Kreuzung zwischen den Straßen „Im Sack“ und „Am Tylenturm“ ist das wahrscheinlich älteste Baudenkmal Korbachs und damit auch älter als die Kiliankirche und die Nikoleikirche. Er stammt als Teil der Neustadtwehrmauer aus dem 13. Jahrhundert. Seinen Namen verdankt er der Familie von Tylen aus der Nähe von Brilon in Nordrheinwestfalen, die in Korbach einen Burgsitz besaß und in Korbach bis Anfang des 16. Jahrhunderts ansässig war, zu dem dieser Turm wahrscheinlich zählte.
1732 stellte die fürstliche Regierung den Antrag bei der Stadt, aus dem Tylenturm ein Gefängnis zu machen, was der Bürgermeister und der Rat ablehnten, da der Turm eine Zierde für Korbach sei und der Keller als Verlies durch seine Tiefe ungeeignet sei. Nach langen Verhandlungen entschied man, dass nur zum Tode verurteilte bis zu ihrer Hinrichtung in das Verlies in den Tiefen des Tylenturms gesperrt wurden.
Hier unten entstanden auch die „Spitzbubendichtungen“ des zum Tode verurteilten Johannes Mohr, der auf seine letzten Tage als verurteilter Dieb und Betrüger auf diese Weise seine Zeit nutzte.
"Es gingen unser drey nach Corbach hinein.
Wir gingen auch ein wenig um Bier und Brandwein.
Wir gingen auch ein wenig auf dem Marckt herum,
biß wir ein Diebstahl antreffen konnten thun." [6]
"Die führt man mich an einem Seil zum Tylenturm hinein
und stellt mir beide Leitern drein.
Wie ich nun in den tiefen Turm hinein kam
mit Schreien und Weinen sah ich die Tiefe und die Mauern an.
Da legt ich mich in ein wenig Stroh hinein.
Vor Frost und Kälte mußt ein wenig Stroh das Überbette sein.
Wann ich ein wenig essen und trinken wollt,
mit einem Seil wurd mir's geholt." [7]
"Wie hat Johannes Mor die Zeit rum gebracht?
Mit Beten und Singen die Zeit rum bracht ...
Des Mittags um elff Uhr herum,
da brachte Ricus ein Groschenliebgen Brod.
Und auch ein Krügelchen mit Waßer dabey,
das ließ er ihm am Seil hinein. ...
Ach Gott! Ach Gott! Was soll dass seyn?
Es muß ja zu Corbach schlimme seyn,
so schlimme muß es seyn. ...
Wer hat sich denn das Liedgen erdacht?
Das hat Johannes Mor im Tylenthurm gemacht.
Im Tylenthurm hat er's gemacht;
A Dieu Corbach, zu tausend gute Nacht."
(zitiert nach Hans Osterhold in „Meine Stadt-Korbacher Bauten erzählen Stadtgeschichte)
Der gewaltige Wehrturm der Stadt bekam in den 90er-Jahren eine neue Haube und einen überwindbaren Zugang. Heute dient der Turm bei Stadtführungen oder bei privatem Interesse als fester Anziehungspunkt und bietet einen famosen Blick über die Altstadt und die anderen Gebiete.